Was ist eine spirituelle Krise und wie unterscheidet sie sich von anderen Krisen? Was genau ist eine Aufbruchskrise und wie können Menschen in solchen Situationen gebührend unterstützt werden? Was genau ist eine Aufbruchskrise? Welche Hilfe ist durch geistliche Begleitung möglich?
Spirituelle Krise in der geistlichen Begleitung
Text: Susanne Eichler – Photo: Gylfi/pixabay.com
Wieder gab es letztes Jahr tausende von Kirchenaustritten. Es beunruhigt mich, denn der Mensch ist ein spirituelles Wesen, das sich stets nach Liebe sehnt. Es möchte sich entfalten und sein persönliches Potential entwickeln, aber wie soll das in der heutigen Gesellschaft gehen? Karl Rahner schieb in den 60er Jahren voraussehend: «Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein, oder er wird nicht mehr sein.» Daran glaube ich und möchte dies unterstützen, denn eine tiefe Gottesbeziehung ist in der heutigen Zeit ein unerlässliches Fundament, um die eigene Berufung zu finden. Prägnant hat es Pater Christian Rutishauser SJ formuliert: «Der Kern für die Verwurzelung in Gott ist … das persönliche Gebet: Meditation und Kontemplation. Die geistliche Begleitung ist die genuinste Hilfe für dieses Gebetsleben und für das Wachstum der geistlichen Persönlichkeit aus der Quelle der Gottesbegegnung.» Auf diesem Weg tritt unser persönliches Potential hervor oder wie Graf Dürkheim sagt, der eigene innere Meister, die innere Meisterin wird entwickelt, übernimmt die Führung und verweist auf den Platz im Leben. Dabei können Phasen auftreten, die ins Stocken geraten und zu Krisen führen.
Genau da setzt diese Arbeit an, die der spirituellen Krise seine Achtung geschenkt. Was ist eine spirituelle Krise und wie unterscheidet sie sich von anderen Krisen? Was genau ist eine Aufbruchskrise und wie können Menschen in solchen Situationen gebührend unterstützt werden? Ein eindrückliches Bespiel soll aufzeigen, wie es Menschen mit solchen Erlebnissen geht. Denn erschreckend ist, dass in der Medizin und in den Kirchen kaum ein Bewusstsein für solche Krisen besteht. Die Form von Aufbruchskrisen wird noch weitgehend ignoriert, nicht wahrgenommen. Und leider werden Menschen mit solchen Erfahrungen dann oft unnötig pathologisiert. Deshalb ist es klar, dass eine Hemmschwelle besteht, die erlebten Erfahrungen Professionellen zu berichten, aus Angst auch pathologisiert zu werden. Wie können also angemessene Unterstützung und Interventionen für Betroffene bereitgestellt werden, um den Weg zu einer ganzheitlichen Heilung zu ebnen?
Zuerst braucht es ein persönliches Verständnis vom Begriff Spiritualität. Was heisst Spiritualität? Wie definiere ich sie für mich? Welche Art von Spiritualität gibt es und welche lebe ich? Danach müssen wir uns mit dem Begriff Krise befassen. Was gibt es für Krisen und welches sind die Heilswege.
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1. Spiritualität definiert
Spiritualität stammt vom lateinischen Wort spiritus ab, was Hauch, Atem, aber auch Geist und Seele bedeutet. In der Wissenschaft wird der Begriff mehr als 150-mal definiert. Anton Bucher versteht Spiritualität als dreidimensionale Verbundenheit: vertikal mit einem höheren Wesen, horizontal mit Natur, Kosmos und Mitmenschen, und zu sich selbst. Je besser der Bezug zu sich selbst ist, desto eher gelingt die Selbsttranszendenz und die Verbundenheit mit anderen und anderem. Diese Verbundenheit wird durch entwicklungspsychologisch und kulturgeschichtlich geprägte Aufstiegsmodelle wie die Scala Claustralium oder die Jakobsleiter erreicht. Modelle von Oser/Gmünder sowie Ken Wilber gehören ebenfalls dazu. Spiritualität ist ein praktizierter Weg und kann nicht primär aus Büchern gelernt werden. Da Buchers Definition dies nicht mitberücksichtigt und die Non-dualität nicht explizit beinhaltet, wird in dieser Arbeit die folgende Definition der Autorin verwendet: „Spiritualität ist ein Praxisweg zur Erreichung absoluter Verbundenheit mit dem Universellen, allen Lebewesen, der Schöpferkraft und mit sich selbst, hin zur Non-dualität.“
Dieser Praxisweg zeigt sich zunächst als Lebensform, die sich in persönlicher, jedoch unterschiedlicher Form geistlichen Lebens äußern kann. Diese Unterschiedlichkeit präsentiert sich in verschiedenen Grundhaltungen, die sich im Begriff Spiritualitäten widerspiegeln. Drei Grundformen von Spiritualität werden unterschieden: die mystische, die prophetische und die Schöpfungs- und Naturspiritualität. Die mystische Spiritualität stellt die Erfahrung der größtmöglichen, unmittelbaren Gegenwart des Göttlichen oder seiner Abwesenheit dar. Beispiele für Menschen, die eine mystische Spiritualität lebten, sind Niklaus von Flüe (1417–1487), Hildegard von Bingen (1098–1179), Meister Eckhart (um 1260–1328) oder Rumi (1207–1273). Prophetische Spiritualität zeigt sich im gesellschaftlichen Wirken. Martin Luther King (1929-1968) setzte sich aus tiefster spiritueller Überzeugung gegen Rassendiskriminierung ein. Ähnlich setzte sich Ghandi (1869-1948) für die gewaltlose Befreiung Indiens ein, Dorothee Sölle (1929-2003) kämpfte für eine feministische Spiritualität und Bischof Oscar Romero (1917-1980) gegen die Befreiungstheologie. Dies ging mit einem Handeln ohne Selbstgewinn und einer tiefen spirituellen Überzeugung einher. Schöpfungs- und Naturspiritualität lässt durch Rituale wie Morgen- und Abendgebete, Jahreszeitenfeste, Sonnenwendfeste und Riten zu Geburt, Hochzeit und Tod das Göttliche im Menschen entdecken und entwickeln.
Für die geistliche Begleiterin ist es hilfreich diese Unterschiede nicht nur zu kennen, sondern sich auch zu fragen: Was ist nun für mich Spiritualität? Und was lebe ich vorwiegend, die mystische, prophetische oder die Naturspiritualität? So kann die Begleitung gewinnbringend unterstützen werden.
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2. Krisen – ein Überblick
Krisen sind Formen von Stockungen und Nöten. Sie entstehen dann, wenn die gewohnten Verhaltensmuster im Alltag nicht mehr funktionieren. Christian Scharfetter unterscheidet vier Krisenarten: Die profane Krise handelt von Finanz-, Berufs- oder Beziehungssorgen. Die okkulte Krise beinhaltet Entführungen, Besessenheit, Spuk und Erscheinungen. Die existenzielle Krise handelt von Alter, Tod, Gewalt, Naturkatastrophen etc., und in der religiös/spirituellen Krise geht es um Glaubensfragen, Bewusstseinsentwicklung und Mystik. Der Verlauf all dieser Krisen geschieht jeweils auf drei möglichen Ebenen: 1. Die Wiedererlangung des vorherigen Zustandes. 2. Der Fall auf ein niedrigeres Niveau, bis zur Infirmität. 3. Die Erreichung eines höheren Funktionsniveaus, genannt transformative Krise, siehe Abbildung 1:
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3. Spirituelle Krise
Im weiteren Verlauf werden wir uns auf spirituelle Krisen konzentrieren. Eine spirituelle Krise, wie von S. Grof und C. Grof beschrieben, ist „eine Episode von krisenhaften, veränderten Bewusstseinszuständen, die insbesondere um transpersonale und spirituelle Themen kreisen“. Christian Scharfetter unterscheidet drei Arten von spirituellen Krisen: Sinn- und Glaubenskrisen, Aufbruchskrisen und Wegdynamische Krisen. Die Transformation dieser Krisen kann entweder in einer positiven Heilung resultieren, also in Wachstum oder Ganzwerdung, oder sie kann in Abhängigkeit, Fanatismus oder psychischer Erkrankung enden. Siehe Abbild 2.“
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4. Die Aufbruchskrise
Aufsbruchskrisen sind Erscheinungsformen aussergewöhnlicher Bewusstseinszu-stände, die häufig als Übergangssituationen verstanden werden. Diese Krisen kennzeichnen sich durch tiefgreifende Veränderungen im persönlichen und spirituellen Erleben einer Person. Die betroffene Person erlebt eine Krise der Integration, bei der sie Schwierigkeiten hat, die neuen Erkenntnisse, Erlebnisse oder Bewusstseinszustände in ihr bisheriges Selbstbild und Weltverständnis zu integrieren. Solche Krisen können sowohl beängstigend als auch transformierend sein, und sie erfordern eine einfühlsame Begleitung, um die Betroffenen dabei zu unterstützen, diese aussergewöhnlichen Erfahrungen zu verarbeiten und in ihr Leben zu integrieren.
In einem nächsten Schritt werden mögliche Erscheinungsformen und denkbare Auslöser dargestellt.
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5. Erscheinungsformen und Auslöser
Spirituelle Krisen können vielfältige Erscheinungsformen haben und durch verschiedene kontextuelle Auslöser hervorgerufen werden. Nachfolgend ein Überblick der möglichen Erscheinungsformen:
Transzendenzerfahrungen: Momente extremer Verbundenheit mit dem Universum oder einem höheren Selbst, die das individuelle Bewusstsein erweitern.
Energetische und somatische Phänomene (Kundalini): Plötzliche, intensive Energieschübe, die entlang der Wirbelsäule aufsteigen und eine Vielzahl von körperlichen Empfindungen auslösen können.
Veränderte Wahrnehmung: Eine Verschiebung in der Art und Weise, wie eine Person die Realität wahrnimmt, oft begleitet von intensiven visuellen oder auditiven Erfahrungen.
Mnestische Phänomene: Plötzliche Erinnerungen an vergangene Ereignisse oder Lebensabschnitte, die mit tiefen emotionalen Einsichten einhergehen können.
Psychic Opening: Eine Öffnung des Geistes für neue spirituelle Erkenntnisse oder Fähigkeiten, die zu einer erhöhten Sensibilität führen kann.
Ich-desintegrative Phänomene: Eine vorübergehende Auflösung des normalen Identitätsgefühls, die zu einer Phase der Desorientierung oder Unsicherheit führen kann.
Kontextuelle Auslöser und Gefährdungen:
Spirituelle Praktiken: Verschiedene Meditationstechniken, Yoga und Körperübungen können den Prozess spiritueller Krisen auslösen oder verstärken, indem sie das Bewusstsein erweitern oder alte emotionale Muster ans Licht bringen.
Lebensweltliche Faktoren: Ereignisse wie die Geburt eines Kindes, der Tod eines Angehörigen, Kulturschocks oder Grenz- und Bedrohungssituationen können tiefgreifende spirituelle Krisen auslösen, indem sie existenzielle Fragen aufwerfen und das individuelle Weltbild erschüttern.
Schwere Krankheit und Traumatisierungen: Krankheiten wie Krebs oder Depressionen sowie traumatische Ereignisse wie Naturkatastrophen oder Vergewaltigungen können spirituelle Krisen verstärken, indem sie existenzielle Ängste und Fragen nach dem Sinn des Lebens hervorrufen. Medizinische Notfälle und psychoaktive Substanzen: Akute medizinische Notfälle wie Herzinfarkte oder schwere körperliche Verletzungen können zu tiefgreifenden spirituellen Erfahrungen führen. Ebenso können psychoaktive Substanzen wie Halluzinogene oder LSD das Bewusstsein erweitern und spirituelle Krisen auslösen oder verstärken.
All diese Erscheinungsformen und Auslöser können von den meisten Menschen verarbeitet werden. Ist dies nicht möglich, kann das Erlebte zu einem ontologischen Schock führen. Wir sprechen dann von spirituellen Krisen.
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6. Vertiefung von Aufbruchskrisen – Veranschaulichung im Fallbeispiel
Nachfolgend ein eindrückliches Beispiel einer Frau mit einer Aufbruchskrise.
Eines Tages hatte sie starke Herzkreislaufprobleme und musste von der Ambulanz ins Spital gefahren werden. Später berichtete sie: «Ich verliess meinen Körper sehr schnell und schwebte ca. 6 m über dem Krankenwagen und dehnte mich aus. Ich schaute mich um und sah in einem 360 Grad Winkel. Der ganze Horizont leuchtete wie Gold. Alles war verbunden. Es war nicht so, dass ich hier war und das andere dort. Ich war da und ich war dort. Ich war alles, das Sehende und das Gesehene in einem. Da war nur noch das eine und das war ich, die Lebewesen, die Pflanzen, das Licht und alles. Das war ich. Alles war viel wirklicher als alles, was ich zuvor je gesehen hatte. Während diesem Ereignis geschah aus mir heraus eine unglaubliche Explosion, die man nicht in Worte fassen kann. Ich barst ins Universum hinein. Und während ich so offen war, glitt das Universum in all meine Verästelungen hinein. Ich entleerte mich völlig und wurde ganz und gar erfüllt. Es war erschütternd, gewaltig, sanft, innig, glühend und berstend zugleich. Dann nach der Erfahrung. Physisch.
Ich war gänzlich erschöpft und fühlte mich körperlich elend und kraftlos. Mein ganzes System war überlastet. Ich sprühte sozusagen Funken. Alles trieb auf einen Kurzschluss hin, eine Explosion. Ich hatte eine derartige Hochspannung in mir, dass ich mich zusammennehmen musste, um nicht zu schreien, um diese elektrische Spannung zu entladen. Es war alles zu viel für mich, viel zu viel. Es war kaum auszuhalten, dieses gewaltige Brausen und Wallen und Wabern und Empfinden und Wissen in diesem kleinen Körperlein. Ich litt unbeschreiblich. Ich wusste in der ersten Zeit gar nicht mehr, wie leben geht. Ich war furchtbar allein mit allem, Überforderung auf der ganzen Linie.»
Eindrücklich wurde hier beschrieben, was ein solches Ereignis zu einer «Erfahrung für immer» macht. Sie kann als Einbruch in die Ewigkeit verstanden werden und bedarf der Annahme, des Verstehens, des Vertrauens und der Geduld. Es bleiben Elemente, so dass das Tag- und Wachleben völlig verändert wird.
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7. Faktoren im Umgang mit spirituellen Krisen in der geistlichen Begleitung nach Ignatius von Loyola
Die Bedeutung von Empathie und Akzeptanz in der Begleitung von Aufbruchskrisen:
Es braucht Kenntnisse der Grundregeln des Zuhörens, der Gesprächsführung und der grundsätzlichen Haltung dem Glauben gegenüber. Wichtig ist eine doppelte Empathie – zu mir, zur begleitenden Person und zu Gott. In diesem Falle soll eine spirituelle Krise erkannt, nicht pathologisiert und nicht gewertet werden.
Nach dem Ansatz von Ignatius von Loyola ist die bedingungslose positive Wertschätzung entscheidend. Das bedeutet, dass die Begleiterin dem zu Begleitenden ohne Urteil und mit vollständiger Akzeptanz begegnet. Empathie, wie sie P. Franz Jalics SJ (und nach Carl Rogers) beschrieb, ist das einfühlende Verstehen der Welt des Begleiteten. Dies umfasst sowohl dessen innere Welt als auch dessen spirituelle Erfahrungen.
Die Prinzipien in der geistlichen Begleitung:
Bedingungslose positive Wertschätzung: Die Begleiterin soll dem Begleiteten ohne Urteil und mit vollständiger Akzeptanz begegnen. Dies schafft ein vertrauensvolles Umfeld, in dem der Begleitete offen über seine spirituellen Nöte sprechen kann.
Empathie: Empathie bedeutet, sich in die Welt des Begleitenden einzufühlen und dessen innere und spirituelle Erfahrungen nachzuvollziehen. Eine solche empathische Haltung fördert das Verständnis und die Verbindung zwischen der Begleiterin und dem Begleitenden.
Echtheit (Kongruenz): Die Begleiterin sollte authentisch und transparent im Umgang mit dem Begleiteten sein. Diese Echtheit stärkt das Vertrauen und ermutigt den Begleiteten, sich ebenfalls offen und ehrlich zu zeigen.
Umgang mit Herausforderungen in Krisensituationen:
Eine weitere Herausforderung ist, dass Menschen in Krisen oft sehr anklammernd sein können, sich hilflos zeigen oder passiv versorgt werden möchten. In der geistlichen Begleitung ist es wichtig, den Begleiteten in seiner Autonomie zu stärken und ihn zu ermutigen, seine eigenen Lösungen zu finden. Die Begleiterin soll Echtheit zeigen, indem sie authentisch und empathisch im Umgang mit dem Begleiteten ist, und gleichzeitig eine unterstützende, nicht-direktive Haltung bewahrt.
Vermeidung von No-goes in der Begleitung:
Aussagen wie: „Das war doch nur ein Traum.“ „Das ist nicht so schlimm.“ „Es ist ja nichts passiert.“
Solche Aussagen widersprechen der Idee der geistlichen Begleitung, da sie die Erfahrungen und Gefühle des Begleiteten abwerten und nicht ernst nehmen. Stattdessen sollte die Begleiterin die Gefühle des Begleiteten validieren und respektieren, indem sie aktiv zuhört und empathisch auf dessen Erleben eingeht. Diese Haltung fördert das Vertrauen und die Offenheit des Begleiteten und unterstützt dessen persönliches Wachstum und Selbstakzeptanz.
P. Franz Jalics SJ beschreibt es in einem Fall so, dass eine Person in erregter Verwirrung erschien. Sie verstand sich selbst nicht und wusste nicht, wie sie ihr Erlebtes einordnen sollte. Je mehr sie nachdachte, desto verwirrter wurde sie. Als sie sich vor einem empathischen Gegenüber ausdrücken konnte, begannen sich die Gedanken nach und nach zu klären. Nachdem sie sich vollständig ausgesprochen hatte, ordneten sich ihre Gedanken und das Erlebte konnte neu sortiert werden. Die entstandene Klarheit führte mit der Zeit zu Akzeptanz des Erlebten.
Die Perspektive der Betroffenen:
Oft können die Betroffenen das Erlebte nicht einordnen. Es ist so überwältigend und sprengt jede Realität, dass sie an sich selbst zweifeln. Sie versuchen es oft zu verdrängen, denn „wenn ich es nicht erzähle, war es sicher nicht.“ Unaussprechliches will nicht gehört werden. Trotzdem hilft das Erzählen, denn Erzählen heißt, dass es Realität wird. Menschen, die sich trauen und sich bemühen, darüber zu sprechen, sind meistens erleichtert, dass sie sich jemandem anvertrauen konnten. Ängste und Zweifel sollen hinsichtlich der eigenen Erinnerungen und Wahrnehmungen beseitigt werden.
Ein möglicher Ablauf der Begleitung:
Aus pädagogisch-didaktischer Sicht unterstütze ich den Satz von Pater Jalics, wenn er sagt: „Die Person steht in der Mitte, nicht das Problem.“
Als geistliche Begleiterin stelle ich immer die Person und nicht das Problem ins Zentrum. Deshalb beginne ich oft mit dem Satz: „Was zeigt sich bei Ihnen? Was können Sie von mir brauchen?“ Das heißt, wir suchen nach einer Zielformulierung für den zu Begleitenden: „Ich brauche, dass…“ „Ich möchte, dass…“ Weitere Fragen könnten sein: „Was denken Sie, was muss ich wissen, damit ich Sie begleiten kann?“
Und in einer späteren Phase: „Erzählen Sie mir etwas über Ihr Gottesbild.“ (Gottesbild herausarbeiten/entstehen lassen; evtl. lässt dies auf die Entwicklungsstufe schließen; eigene Spiritualität bewusst machen, z.B. mystisch, prophetisch, Naturspiritualität). „Wo war Gott, als dies geschehen ist?“ „Wie können Sie das Erlebte spirituell unterstützen?“ etc.
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8. Fazit
Die Begleitung von Menschen in spirituellen Krisen erfordert ein hohes Mass an Empathie, Akzeptanz und Authentizität. Die Prinzipien non-direktiver Ansätze, wie sie bei Ignatius von Loyola vorkommen, bieten wertvolle Orientierungspunkte, um eine unterstützende und respektvolle Beziehung zu den Begleiteten aufzubauen. Durch bedingungslose positive Wertschätzung, einfühlendes Verstehen und authentisches Verhalten können Begleiterinnen dazu beitragen, dass die Begleiteten ihre Krisen bewältigen und gestärkt daraus hervorgehen.
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Verwendete Literatur:
Bucher, Anton A., Psychologie der Spiritualität, Weinheim 2014
Hofmann, L. und Heise, P., Das Konzept der spirituellen Krise, 2017
Jalics, Franz, Miteinander im Glauben wachsen, Anleitung zum geistlichen Begleitgespräch, 2008.
Plattig O Carm, M., https://www.bistum-speyer.de/fileadmin/user_upload/1-0-0/Hauptabteilung_I/Downloads/Spirituelle_Bildung/Speyerer_Hefte/H-11_Krisen_auf_dem_geistlichen_Weg_ES.pdf
Rutishauser, Christian M.;https://geistliche-begleitung.ch/wp-content/uploads/2019/10/Fundamentaler_Artikel_Geistliche_Begleitung.pdf
Scharfetter, Christian, Der spirituelle Weg und seine Gefahren, 1997
Die Abbildungen stammen aus dem Umfeld von Christian Scharfetter. Die genaue Quelle konnte nicht ermittelt werden.