Mit der Taufe werden die Christ*innen Kinder Gottes und Miterben Christi. Die bewusste Auseinandersetzung mit dem Glauben fängt jedoch oft erst sehr viel später an. Geistliche Begleitung kann ein geeigneter Rahmen sein, um sich als Erwachsene*r der eigenen Taufe anzunähern.


Überraschend erfrischend Die Taufgnade neu entdecken in der Geistlichen Begleitung

Text: Marlies Gehrlein – Photo: keskieve/pixabay.com

Die meisten Menschen in der römisch-katholischen Kirche werden als Säugling oder Kleinkind durch die Taufe in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen.

Je nach Lebensumfeld wird ein Menschenkind dann mehr oder weniger religiös sozialisiert. Die Mehrzahl der Getauften bereitet sich im Grundschulalter auf das Fest der Erstkommunion vor und feiert ein großes Familienfest. Die Vorbereitung auf das Sakrament der Buße und dessen Empfang gehören in der Regel dazu.

Die Erfahrungen in der Vorbereitung zum Empfang des Sakramentes der Eucharistie sind meist positiv, aber gehören doch zum Kindesalter. Mit zunehmendem Jugendalter nimmt die Bedeutung dieser positiven Erfahrungen oft relativ schnell ab.

Die Vorbereitung auf das Sakrament der Firmung und die Firmung selbst sind  dann der Abschluss der Initiationssakramente. Die Jugendlichen sind offiziell ganz in die Kirche aufgenommen. Eigentlich haben sie alles, was man als mündiger Christ braucht. Die Bindung an die Kirche aber bleibt für die meisten Jugendlichen sehr lose, zumal die Akzeptanz eines bewusst gelebten Glaubens und der Zugehörigkeit zu einer Kirche in der Gesellschaft immer mehr schwindet .

Hier möchte ich erzählen von guten Begegnungen im Geistlichen Gespräch. Als Überschriften habe ich die möglichen Wahrnehmungen eines Kindes bei der Taufe gewählt

1. Frisches Wasser über meinem Kopf

Glaubensgespräche und gemeinsam ausgeübter Glaube sind belebend

Die Verabredung zu einer Geistlichen Begleitung hat irgendwie geklappt. Begleiter*in und Begleitete*r haben das Gefühl, dass das Setting passt und sie beginnen sich zu treffen. Die Gespräche werden in absoluter Freiheit und Vertraulichkeit geführt. Jede*r kann das Gespräch beenden, wann immer er/sie das möchte.

Es ist prickelnd sich auf eine Gesprächsebene über Glaubensfragen einzulassen, denn persönlicher Glaube ist etwas sehr Privates und Persönliches, fast Intimes. Meine Gedanken über Gott, meine Mitmenschen und mich selbst, kommen oft erst im Gespräch zu Tage. Meine Gefühle und Worte sind überraschend.

Manchmal ist es wie ein kleiner Schock, aber alles in allem ist das sehr erfrischend.

2. Neuer Duft auf meiner Haut

2. 1 Mit kostbarem Öl – mit Chrisam – gesalbt – zum/r Priester*in

Jedes Menschenkind, das getauft wird, wird zum/r Priester*in gesalbt. Es ist nicht das Priesteramt des Tempeldienstes , wie es vor allem im Alten Testament überliefert wird.

Es ist das priesterliche Amt in der Art, wie Jesus in seinem Leben und Sterben priesterlich gewirkt hat:

  • In der Begegnung, im Gespräch Menschen zu sich selbst aufrichten,
  • die Verbindung zu Gott herstellen,
  • Menschen neu auf Gott ausrichten, 
  • Schuld vergeben,
  • beten (loben, klagen, bitten, danken, schweigen) und
  • heilen.

Leider ist das Bewusstsein, dass alle Getauften zu Priester*innen gesalbt sind, nicht besonders stark.

Das priesterliche Tun ist vom Bild und vom Anspruch der geweihten Priester bestimmt, die lange Jahrhunderte ganz bewusst den „normalen“ Getauften gegenübergestellt waren. Es ist eine wichtige Entdeckung des II. Vatikanischen Konzils, dass alle zum Volk Gottes gehören, zu priesterlichem Dienst beauftragt sind und nur verschiedene Dienste im Volk Gottes ausüben, aber gemeinsam Verantwortung tragen, Volk Gottes und Leib Christi sind.

Durch Amts- und Machtmissbrauch und ganz besonders durch Kindesmissbrauch in  den letzten Jahrzehnten hat das priesterliche Amt großen Schaden genommen. Die Folgen der Verletzung des Vertrauens in den priesterlichen Dienst sind kaum absehbar. Das große Leid, das so vielen Kindern und Schutzbefohlenen widerfahren ist,  klagt das priesterliche Amt zurecht an. Wer will da zu priesterlichem Amt gesalbt werden? 

Doch zurück zur positiven Ausübung des Amtes im jesuanischen Sinn.

Wenn Menschen im geistlichen Gespräch entdecken, dass sie selbst schon auf vielfältige  Weise priesterlich wirken, indem sie  Menschen aufrichten, indem sie auf ihre eigene Weise Menschen für Gott interessieren, indem sie Menschen stärken ihren Glauben zu leben und zu beten, indem sie heilsame Prozesse begleiten oder anregen, so eröffnet das ganz neue Möglichkeiten ihrem Leben und ihrer Arbeit eine neue Würde und Motivation zu geben.

2.2 Mit kostbarem Öl – mit Chrisam – gesalbt – zum/r König*in

Jedes Menschenkind, das getauft wird, wird zum/r König*in gesalbt.

Königliche Menschen haben Macht. Sie benutzen ihre Macht, um den Menschen, die ihnen anvertraut sind, guten Lebensraum zu bieten. Königliche Menschen sorgen sich um das Wohl der Menschen in ihrer Umgebung. Sie machen Politik zur gerechten Gestaltung der Welt und kümmern sich um die Umwelt.

Im Gespräch zu entdecken, dass ich mehr Macht habe, als ich denke, gehört wieder zu den erfrischenden Erfahrungen der Geistlichen Begleitung. Meine Möglichkeiten, besonders meine verborgenen, unterdrückten oder klein gehaltenen Talente zu entdecken ist Ziel und großer Schatz der Begleitung. Meine Verantwortung und Macht  als königlicher Mensch wird so gestärkt.

2.3 Mit kostbarem Öl – mit Chrisam – gesalbt – zum/r Prophet*in

Jedes Menschenkind, das getauft wird, wird zum/r Propheten*in gesalbt.

Prophet*in sein ist wohl das schwierigste Amt, zu dem wir gesalbt sind. Prophet*innen müssen die Zeichen der Zeit erkennen. Sie sollen entscheiden können, was ein wichtiger nächster Schritt sein soll, wo Umkehr, bzw. ein neuer Weg nötig ist – das kann sehr unbequem sein. Und zu allem Überfluss sollen sie das, was sie erkannt haben, auch noch öffentlich sagen: in der Beziehung, in der Familie, im Arbeitsteam, im Verein, in der Kirchengemeinde – und sich so dem Spott und der Kritik der anderen aussetzen. Kein leichter Job.

In der geistlichen Begleitung ebenso wie in der Stille, im Hören auf Gottes Wort verdichten sich solche Aufträge. Aus dem tiefsten Inneren kommt manchmal ein unvorhersehbarer „Auftrag“ – etwas, von dem ich erkenne, dass ich es sagen oder tun muss.

Das Gespräch in der Geistlichen Begleitung kann helfen zu klären, was genau dieser Auftrag ist und wie er getan werden kann. Wenn so ein Auftrag ausgeführt ist, ist oft sonnenklar, dass das der richtige und wichtige Schritt oder Anstoß zur Lösung war – komisch, dass das vorher nicht sichtbar war. So wirkt der Heilige Geist in uns – als ob es ganz von selbst käme.[1]

3. Kreuzzeichen für mein Leben

3.1 Zu Jesus gehören / sich bekennen

Die Kreuzzeichen, die der Taufende, die Eltern, Großeltern, Paten und manchmal auch Geschwister auf den Kopf eines Täuflings zeichnen, prägen symbolisch das Erkennungszeichen der Christen auf die Haut ein.

Zu diesem Jesus, der so unrühmlich am Kreuz geendet hat, zu diesem Menschen gehöre ich. Oft ist mit ihm kein Staat zu machen. Jesus wollte keine staatliche Macht,  keinen politischen Umsturz, kein „Reich“ in dieser Welt, obwohl er sich seiner „politischen“ Handlungen sehr wohl bewusst war. Vor Pontius Pilatus steht ein Mann, der um seine Macht weiß.

Zu diesem Menschen gehöre ich. Es ist der, der nicht davongelaufen ist, als es darum ging, auch ungerechte Konsequenzen zu tragen. Er wollte sich nicht mit Gewalt wehren. Mit dem Kreuzzeichen bekenne ich: zu diesem Menschen gehöre ich. Zu Jesus, der den Tod nicht suchte und viel lieber gelebt hätte.

Mit diesem Zeichen, das manche Christen erkennbar tragen und sich selbst damit bezeichnen, gehöre ich: zu Jesus, zu Gott, seinem Vater und zum Heiligen Geist, der in mir seine Kraft und Liebe wirkt und atmet. Und ich gehöre zu allen seinen Freundinnen und Freunden überall auf der ganzen Welt. Das ist eine Zugehörigkeit, die mich weltweit mit Menschen verbindet und große Möglichkeiten der Zusammenarbeit eröffnet. Gleichzeitig kann diese Zugehörigkeit manchmal fast wehtun. Ich bin durch Christus auch an all das Versagen und alles Unrecht gebunden, das durch Christ*innen geschieht.

3.2 Kreuzzeichen als Zeichen einer unbedingten Liebe

Jesus schenkt sein Leben für uns. Freiwillig geht er in den Tod, obwohl er große Angst davor hat. Durch seinen Verzicht auf Gewalt durchbricht er die Kette der Aggression und zeigt die radikale Seite der Liebe.

In Extremsituationen sind Menschen immer wieder vor die Herausforderung gestellt, einen großen Teil ihres Lebens, manchmal auch ihr Leben selbst zu schenken für die Familie, für die Freiheit oder ein politisches Ideal, für das ich einstehe. Manchmal ist diese Hingabe, diese Geschenk  der Liebe am (Pflege) Bett eines Kindes, eines/r Partners/in oder eines mir anvertrauten Menschen. In der geistlichen Begleitung wird es darum gehen zu schauen, zu erzählen und nachzufühlen, wie freiwillig dieses Geschenk der Liebe (noch) ist. Es ist zu klären, ob ich mich unter Druck in diese Situation begebe und es eher darum ginge zu sagen: ich kann nicht mehr, ich brauche Hilfe. Das Liebesgebot gilt ja Gott, meinem Nächsten und mir selbst.

3.3 Kreuz als Leid in jedem Leben

Leidvolle Zeiten und leidvolle Erfahrungen kommen manchmal wie aus heiterem Himmel in unser Leben. Niemand kann sagen, warum diese oder jene schwere Situation zu bewältigen ist. Manchmal sind es unsere eigenen Begrenztheiten, durch die immer wieder Leid ins Leben kommt.

Der Umgang mit Leid, das Aussprechen von erfahrenem Leid, das Kämpfen gegen Leid, das Aushalten und das Verändern leidvoller Situationen sind wichtige Bestandteile geistlicher Gespräche und persönlicher Reifung.

Bei schwerwiegenden Leiderfahrungen ist aber auch therapeutische Hilfe angesagt.

4. Geschenktes Licht für dunkle Zeiten

4. 1 Auferstehungserfahrungen im Alltag

Wenn man im Dunkeln sitzt und Angst hat, hilft oft schon ein kleines Licht. Das Licht der Taufkerze ist dem Taufkind geschenkt. Es wird den Paten oder den Eltern überreicht.

Geschenktes Licht ist wichtig. Wie könnten wir das Leben leben, wenn wir nicht immer wieder Licht geschenkt bekommen würden. Bei kleinen Kindern ist es der Keks, die Brezel, der Witz oder ein kleines Spiel; ein Lied, ein guter Einfall – eine Kleinigkeit, die ein Kind aus dem Schmerz herausführt.

Bei großen Menschenkindern erhellt sich das Leben oft durch eine gut gestellte Frage. Manchmal ist es nur das banale „Wie geht es dir denn heute?“ Ein anderes Mal ist es die Nachfrage zu einem vergangenen Ereignis oder das Interesse an einem Projekt, einer Arbeit oder was auch immer. Manchmal erhellt sich das Leben durch eine geteilte Erfahrung, durch das humorvolle Aufnehmen einer schwierigen oder peinlichen Situation. Manchmal ist es konkrete Hilfe – oder eine Tasse Kaffee oder Tee oder ein Glas Wasser. Der Heilige Geist ist sehr erfinderisch im Anzünden von Lichtern.

4.2 Durch schwere Zeiten kommen

Manche Dunkelheiten sind zäh und legen sich schwer auf die Seele. Kränkungen, Vernachlässigungen, Verluste, schwere Schmerzen, Vorwürfe, Schuld, schlechtes Gewissen, Versagen … Es hilft, wenn es Menschen gibt, die spüren, dass da großes Leid ist. Geistliche Begleiter*innen halten aus, dass ich jetzt nicht reden kann, dass ich die Schuld erst bei anderen suche, dass ich mir selbst böse bin, dass ich kaum atmen kann. Es hilft, dass es Menschen gibt, die bereit sind mit mir geduldig zu warten, bis sich die harten Knoten lösen, bis Bewegung ins Spiel kommt, bis Neues aus dem Alten hervorkommt.

Es braucht viel Gottvertrauen und die Geduld auf den heilenden Geist zu setzen. Es braucht viel Mut für die beteiligten Gesprächspartner*innen – und es braucht die Erfahrung, dass es immer wieder gelingt. Auferstehung geschieht im Hier und Heute. Auch nach schwierigen Zeiten ist es möglich neu anzufangen.

5. Ein neues Gewand

5.1 Ich bin ein neuer Mensch und muss nicht immer im alten Trott leben

Zu den Auferstehungserfahrungen im Leben passt das Symbol des Taufkleides gut. Wenn ich durch die „kleinen“ Tode des Lebens gegangen bin, wenn ich zu meinem Versagen, zu meiner Schwäche, zu meiner Dummheit gestanden bin, dann schenkt mir Gott ein neues Kleid, wie in der Erzählung des barmherzigen Vaters. In dieser Erzählung kleidet der Vater den Sohn in ein neues Gewand, aus lauter Freude, dass er ihn wieder gewonnen hat.

Gott schenkt mir ein neues Gewand, er ermöglicht den neuen Anfang. Ich kann gut vor ihm und den Menschen da stehen. Ich brauche mich nicht zu schämen, dass ich einen Umweg gegangen bin.

5. 2 Gott umhüllt mich von allen Seiten, zieht mich gut an und kleidet mich

In vielen Psalmen wird besungen, wie Gott sich um die Menschen sorgt. Es ist Gott sei Dank eine Grunderfahrung der meisten Menschen, dass sie versorgt und geliebt werden, dass sie Kleider, Schuhe und Jacken zum Anziehen und ein Dach zum Schutz über ihrem Kopf haben. So sollte es zumindest für jeden Menschen sein. Wo es nicht so ist, sollte das ein Ansporn für uns Christ*innen zur konkreten Veränderung sein.

Alle Menschen, die Gottes gute Sorge erfahren haben, sollten dankbar dafür sein und diese Erfahrung weiter geben.

6. Zuwendung, Segen und Liebe

6.1 Familie, Pate*in, Verwandte und Freunde*innen sind für mich da

Die Eltern und Geschwister, die Großeltern, Pate*in und Freund*innen der Familie geben dem getauften Kind einen Ort zum Leben – ein Dach über dem Kopf, Zuwendung, Liebe, Nähe und Ansprache. Sie nehmen sich Zeit für Geschichten und Spiele, für Erklärungen und Nonsens. Sie helfen dem Kind die Welt zu begreifen und immer mehr selbst tun zu können. Sie zeigen Grenzen und helfen Gefahren zu erkennen.

In diesem Lebensraum erfahren Kinder normalerweise auch Rituale und Gebete, Lieder und Gespräche über Gott und die Welt. Nicht umsonst ist die Familie die erste und sehr prägende wichtige Begegnung mit Gott.

In der Familie gibt es natürlich auch Kränkung und Abweisung, Ungerechtigkeit und Lieblosigkeit.

Die geistliche Begleitung kann es ermöglichen, Gefühle und Fragen zur Sprache zu bringen, die jemand im Blick auf seine Familienerfahrungen schon lange mit sich herumträgt, aber für die erst ein Ort gefunden werden muss, an dem sie angstfrei gestellt werden können. Die Beziehungsebene ist wohlwollend, aber beide sind gleichberechtigte Partner*innen.

6.2 Ich bin von Gott gesegnet

Die Zusage Gottes, dass er jeden Menschen ins Leben gerufen hat und eben auch mich – diese Zusage kann in vielen biblischen Erzählungen mit- und nacherlebt werden. Geistliche Begleitung kann Biblische Erzählungen anbieten und vorschlagen – und bekräftigen, dass Gottes Liebe jede und jedem gilt. Diese Segensspuren im eigenen Leben sind manches Mal verschüttet und vom Wind verweht. Einen neuen oder anderen Blick auf Ereignisse und Situationen der Lebensgeschichte zu gewinnen, kann es ermöglichen, manches im Leben mit Dankbarkeit zu sehen. Dann kann ich Segen weiter schenken.

Gleichzeitig kann ich Segen in jedem Gottesdienst neu empfangen oder mich segnen lassen durch Menschen, die mir wichtig sind.

6.3 Ich bin von Gott und den Menschen geliebt

Das ist die Grundaussage des Taufsakramentes.

Wenn in der Geistlichen Begleitung diese Erfahrung des Geliebtseins (wieder) sichtbar wird, dann ereignet sich Taufgnade. In den verschiedenen Lebensphasen brauche, suche und erwarte ich natürlich ganz unterschiedliche Erfahrungen von Liebe. Die Erfahrung, dass Liebe viel mehr als ein „rosarotes Gefühl“ ist, reift und wächst mit der Reifung der Persönlichkeit.

Liebe empfangen und Liebe verschenken – in allen Formen der Liebe zeigt sich Sinn und Weg und Ziel (m)eines Lebens.

7. Ein Fest für mein Leben

7.1 Ich bin ein Fest wert – in der Kirche und in der Familie

Alle Sakramente in der Kirche werden gefeiert – das ist wichtig.

Es zeigt sich besonders in der Erzählung des barmherzigen Vaters. Der ältere Sohn, der beim Vater geblieben ist, ist sehr traurig darüber, dass es zu seinen Ehren kein Fest gab. Ein Fest für das Leben zeigt, dass ich den anderen etwas wert bin – wir brauchen diese Zusage immer wieder neu. Wenn es uns gut geht (wie dem älteren Sohn), dann übersehen und vergessen wir oft die Zeichen alltäglicher Zuneigung und Liebe.

Geistliche Begleitung ermutigt dazu, mich selbst und meine Gedanken, Gefühle und Wünsche ernst zu nehmen und anderen mitzuteilen.

7. 2 Ich bin getauft und eingeladen zu den Sakramenten – das Fest des Lebens und Glaubens geht weiter

Manchmal ist das Bewusstsein um die Taufe, der eigene Glaube und/ oder die Anbindung an die Kirche ziemlich oder ganz verloren gegangen. Durch einen äußeren Anlass bin ich neu auf der Suche nach dem, was da mal war bzw. anfing. In einer Geistlichen Begleitung kann ich neu entdecken, was Gott jedem Menschen anbietet: Leben, Sinn und Verantwortung, Liebe und eine tiefe Freude über das Dasein. Das schließt das Dunkel, die Fragen und die Abgründe nicht aus. Alles aber ist umfangen von Jesu Leben, Tod und Auferstehung. Er ist hinabgestiegen in das Leben, in das Reich des Todes und hinaufgefahren in den Himmel. Dieser Horizont stellt uns ungeheure Kraft und unendliche Hoffnung zur Verfügung.

7. 3 Das ewige Festmahl erwartet mich

Wenn ich des Lebens voll bin und müde werde, wenn ich mein Leben gelebt habe, dann darf ich nach Hause gehen. Es ist ein wirklich gutes Ziel – am Ende in das Haus Gottes zu kommen. Auch darüber zu sprechen ist wichtig in einer geistlichen Begleitung. Mit allen Fragen, allen Ängsten und Unsicherheiten. Oft gibt es Unerledigtes, das noch zu klären ist – auch dazu kann Geistliche Begleitung ein gutes Forum sein.

Oft aber sind Menschen ihres Lebens schon viel früher müde, sie sehen keine Lösungen für anstehende Probleme und keinen Sinn. Alles ist zu anstrengend. Wenn solche Fragen ins Geistliche Gespräch kommen, ist es wichtig, dass beide, Begleitete*r und Begleiter*in sich zusätzlichen Rat und Hilfe von außen holen. Bei Anzeichen für schwere Depressionen und psychische Erkrankungen braucht es eher ärztliche Begleitung – Gebet und Geistliche Begleitung können dann in Absprache unterstützen.

Für die, die einen lieben Menschen verlieren, sind die biblischen Bilder vom Festmahl, vom Haus Gottes, vom Garten Eden oder Paradiesgarten, von der himmlischen Stadt Jerusalem und den offenen Armen, die mich empfangen, ein großer Trost.

Im Beerdigungsritus wird der/die Tote mit Weihwasser besprengt und gebetet: „In der Taufe bist du mit Christus begraben worden und hast in ihm neues Leben empfangen. Der Herr vollende an dir, was er in der Taufe begonnen hat.“ [2]

Taufe ist auf Vollendung in Christus angelegt. Das eigene Sterben und das Sterben geliebter Menschen im Umkreis gewinnt Hoffnung aus dem Gedanken der Vollendung und der Verwandlung, die mich bei und mit Jesus Christus erwartet. Im eucharistischen Mahl wandelt er schon mein Leben. Im Tod vollendet Gott alles, was an Unerledigtem, an Schuld und Lieblosigkeit im Leben unvollendet und unvollkommen geblieben ist. Durch die Taufe und das Sterben in Gott hinein werde ich ganz vollendet.

Taufe – Ein Fest für mein Leben

Gott hat mit jedem von uns etwas vor – wir sind nicht umsonst ins Leben gerufen. Mein Name, meine Geburt, mein Leben steht im Mittelpunkt der Taufe. Und Gott salbt mich mit kostbarem Öl. Ich bin Priester*in,  König*in und Prophet*in.  Sein Licht ist mir geschenkt für alle Dunkelheiten der Welt. Erhobenen Hauptes und frei, geliebt und gesendet zu den Menschen – so kann ich leben.


[1]Vgl. E. Mitterstieler: „Von selbst“ in: Den verschwundenen Flüssen nachgehen S. 68

[2]Die kirchliche Begräbnisfeier, Herder Verlag Freiburg 2009, S. 171

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