Die Weltsynnode über Synodalität hat nicht nur die Weichen für ein erneuertes Verständnis von Kirche und ihren Abläufen gestellt. Sie hat auch eine spezifische Methode der Beratung – Gespräch im Geist – selbst praktiziert und für die katholische Kirche eingeführt.

Gespräch im Geist – die Methode der Weltsynode für gemeinschaftliche Unterscheidung der Geister

Text: Peter Hundertmark – Photo: dimitrisvetsikas1969/pixabay.com

Spiritual conversation, conversation spirituelle, Gespräch im Geist… die Weltsynode über Synodalität hat eine Methode aufgegriffen, die ursprünglich aus der Exerzitienarbeit mit Gruppen stammt. Zuvor wurden ähnliche Vorgehensweisen bereits bei der Kirchlichen Versammlung der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen in Aparecida, beim Welttreffen der Gemeinschaft Christlichen Lebens, beim gemeinschaftlichen Prozess der „Universal Preferences“ der Jesuiten, aber auch bei vielen weniger spektakulären Beratungs- und Entscheidungsprozessen kirchlicher Gremien, vornehmlich im Ordensbereich eingesetzt. In Deutschland ist ein Vorläufer der Methode als „Geistliche Übungen für Gruppen, Gremien und Teams“ oder nach der französischen Abkürzung als „ESDAC“ bekannt.

Die Methode dient der gemeinsamen Unterscheidung der Geister und kombiniert ein Hören auf die Heilige Schrift, auf die inneren Stimmen, auf die Zeichen der Zeit und die anderen Glaubenden mit einer spezifischen Weise, wie alle Beteiligten sich und ihre Meinungen einbringen können. Auch wenn die Vorgehensweise konsensorientiert ist, bügelt sie keineswegs unterschiedliche Positionen aus. Argumente, Debatte, auch Streit haben ihren legitimen Platz und sind notwendig, um gemeinsam eine gute Lösung zu finden.

Die Vorgehensweise eignet sich für alle Themen, die in kirchlichen Gremien besprochen werden: Pastorale Ausrichtung, Personaleinsatz, Finanzen, Baumaßnahmen, diakonische Projekte, Klimaschutz… Sie eignet sich jedoch primär für konzeptionell-strategische Fragen. Für operative Klärungen und Absprachen – für das praktische Alltagsgeschäft – ist sie in der Regel zu umfangreich. Dort hat sich Bibel-Teilen in der Sieben-Schritte-Methode als weltkirchlicher Standard der Einbindung der Absprachen in eine geistliche Ausrichtung bewährt.

Gespräch im Geist ist eine Methode ein Thema gemeinschaftlich zu vertiefen. Das führt dazu, dass immer nur ein Thema gleichzeitig, eventuell mit zwei bis drei Untergliederungen, in einem Angang behandelt werden kann. Wer rasch Rückmeldungen zu einem ganzen Bündel von miteinander verbundenen Sachthemen einsammeln will, muss zu einer anderen Vorgehensweise greifen. Der Zeitbedarf ist abhängig vom Beratungsbedarf und den Rahmenbedingungen des Gremiums. Auch wenn Klausurtagungen einen geeigneteren Rahmen bieten, ist eine Durchführung in den normalen Sitzungszeiten zum Beispiel eines pfarrlichen Gremiums durchaus möglich.

Die Methode integriert in systematischer Weise eine vierfache Aufmerksamkeit – auf die Offenbarung (durch Schrift und Gebet), auf die äußeren Umstände (Analyse und Diagnose der Bedingungen und abzusehenden Folgen, in der Regel vor Sitzungsbeginn zu erarbeiten und von allen zu rezipieren), auf die inneren Verarbeitungsmechanismen der Teilnehmenden (Emotionen, Gedanken, innere Bilder…) und die Beiträge anderer Glaubender (im Gremium oder darüber hinaus).

Ablauf
Information:
Alle Teilnehmenden werden vorab mit den gleichen Informationen versorgt. Unterschiedliche Kenntnisstände, gar machtorientiertes Zurückhalten von Informationen, sind die erste und zugleich eine entscheidende Hürde für die gemeinschaftliche Suche nach dem Willen Gottes. Gott spricht durch die Wirklichkeit. Ist diese nicht sorgfältig (gegebenenfalls auch wissenschaftlich) erfasst, verfügen nicht alle Beratenden über Zugang zu den Analysen, Rahmenbedingungen, prognostizierbaren Auswirkungen… findet das Gespräch im Geist losgelöst von der Wirklichkeit und damit losgelöst von einer möglichen „Offenbarung“ statt. Die Ergebnisse finden dann keine nachhaltige Umsetzbarkeit und der ganze Beratungsprozess dient im schlechtesten Fall nur dazu, bestehende Machtunterschiede zu zementieren.

Dabei ist zu beachten, dass auch „Fakten“, Analyseergebnisse, Zahlen… nie die „reine“ Wirklichkeit, sondern immer schon gedeutete Wirklichkeit sind. Bevor eine gemeinschaftliche Erwägung beginnen kann, muss es also die Möglichkeit geben, die Fakten zu diskutieren. Das kann auch mittels der Methode des „Gesprächs im Geist“ geschehen, ist aber vom lösungsorientierten Einsatz zu unterscheiden. Erst wenn ein weitgehend gemeinsames Verständnis der Sachlage und des Problems/der Fragestellung erreicht ist, kann die lösungsorientierte Suche beginnen. Beispiel: Ob der Ressourcenrückgang der deutschen Kirche als Ausdruck einer Glaubenskrise, als Folge der Multioptionalität einer komplexen, spätmodernen Gesellschaft oder als Ergebnis kirchlichen Fehlverhaltens und inadäquater Entscheidungen verstanden wird, führt zu jeweils anderen Debatten und anderen, durchaus jeweils in sich möglicherweise sinnvollen Lösungsansätzen.

Diese Vorklärungen können nicht innerhalb der gleichen Sitzung, die der Lösungssuche gewidmet ist, erarbeitet werden. Sie sind auch bereits vor Sitzungsbeginn wahrzunehmen und werden dort nur noch knapp aufgerufen. Idealtypisch kommen alle Beratenden informiert zum Gespräch im Geist zusammen. Stellt sich im Verlauf heraus, dass viele eben nicht über die nötigen Informationen verfügen, ist die Lösungssuche zu unterbrechen.

„Reframing“:
Als Einleitung wird das Geschehen „Gespräch im Geist“ jedes Mal kurz theologisch und kirchlich situiert. Beispiel: „Der Geist Gottes wirkt durch alle. Alle Beiträge können das Wirken des Geistes Gottes ins Wort bringen. Dabei gibt es keine Unterschiede durch Status, Kenntnisse oder ähnliches. Entsprechend müssen alle in gleicher Weise gehört werden, um den scholastischen Grundsatz: „Was alle angeht, muss von allen beraten werden“ einzulösen. … Dieses Reframing darf nie fehlen, denn Gespräch im Geist setzt kontrafaktisch bereits eine andere, synodale Gestalt der Kirche voraus. Durch die theologische Vorarbeit findet sich das Gremium in einer anderen Wirklichkeit von Kirche wieder – einer Kirche, die gemeinschaftlich und in gleicher Würde aller nach dem Willen Gottes fragt.

Persönliche Zeit:
Die Teilnehmenden bekommen ein Impulsblatt mit der Fragestellung und gegebenenfalls den Unterpunkten, mit einem biblischen Text und drei bis vier Impulsfragen, um das Thema betend zu erwägen. Betend bedeutet dabei ein inneres Abwägen, das sich ausdrücklich in den „Raum der Gegenwart Gottes“ setzt. Es bedeutet nicht das Sprechen von Gebeten – auch nicht von Fürbitten – und auch nicht eine theologisierende, vom Sachthema losgelöste Selbstvergewisserung in der dogmatischen Tradition der Kirche. Es ist mit Nachsinnen, Nach-innen-horchen, Sich-bewegen-lassen… jedoch besser beschrieben als mit einem primär informationsverarbeitenden Nachdenken. Es dient ausdrücklich nicht dazu, die eigenen Argumente „wasserdicht“ zu machen und gegen mögliche andere Argumente abzusichern. Vielmehr führt diese persönliche Zeit zugleich in eine profilierte Meinung und eine interessierte Offenheit für anderen Beiträge hinein. Entsprechend der theologischen Grundlegung im „Reframing“: Jeder Beitrag – nicht nur mein eigener – kann Ausdruck des Willens Gottes und vom Geist Gottes geführt sein. In jeder Meinung – auch in meiner – kann das Wort Gottes für heute mitklingen. Gespräch im Geist setzt eine Lust an der Diversität der Meinungen voraus. Gemeinschaftliche Unterscheidung der Geister braucht alle Beiträge, egal wie konträr oder vielleicht untereinander konfliktiv, um die beste Lösung finden zu können. Dieser Diversität dient die persönliche Zeit.

Die persönliche Zeit in Stille sollte nie kürzer als zehn Minuten sein. Je nach Übung der Teilnehmenden und Reichweite des Themas ist aber auch eine persönliche Zeit von bis zu einer Stunde denkbar. Wenn eine lange Zeit in Stille sachgemäß erscheint, ist darauf zu achten, dass die Beratenden sich in verschiedene Räume oder auch ins Freie begeben können. Ideal ist es, wenn auch ein liturgisch geprägter Raum zur Verfügung steht. Ein solcher Raum hilft vielen in eine oben beschriebene betende Haltung hinein zu finden. Wenn alle in einem Raum, eventuell sogar in der zuvor eingenommenen Sitzordnung verbleiben müssen, ist es nur mit viel Übung möglich, eine Stille länger als eine Viertelstunde durchzuhalten.

Kleingruppen – erste Runde:
Nach der persönlichen Zeit kommen die Teilnehmenden in Kleingruppen von fünf bis acht Personen zusammen. Bei der Bildung der Kleingruppen wird darauf geachtet, dass sie gut durchmischt sind. Die Kleingruppen haben keine formale Leitung, aber es wird von der Gruppe eine Person benannt, die auf die Zeit achtet. Die Zeit der Kleingruppen sollte dreißig Minuten nie unterschreiten. Eine Stunde ist durchaus üblich und angebracht.

In den Kleingruppen findet eine erste Runde (~ 2/3 der gesamten Zeit für die Kleingruppe) als „Anhören“ statt: jede*r Teilnehmer*in bekommt gleich viel Zeit, um über ihre*seine Erfahrungen, Gedanken, Ideen… aus der persönlichen Zeit zu sprechen. Alle anderen hören nur zu und kommentieren die Beiträge nicht. Ideal findet auch dieses Hören in einer betenden Haltung und Atmosphäre statt. Es geht darum, die Inhalte in den Beiträgen zu hören, die Emotionen, die mitlaufen zu spüren und auch auf das lebendige und jetzt aktuelle Wort Gottes in und „hinter“ den gesprochenen Worten zu lauschen.

In dieser Phase gehen die Beiträge in der Regel auseinander und ganz verschiedene Aspekte und Perspektiven werden eingebracht. Bewährt hat sich nach jedem Beitrag eine ganz kurze Unterbrechung von einer halben Minute zu halten. Das entschleunigt das Gespräch und gibt allen Zeit, das Gehörte bei sich ankommen zu lassen und unterstützt die achtsame, ruhige, eher kontemplative Atmosphäre. Gott ist in gleicher Weise gegenwärtig, wenn wir in Stille in uns hineinhorchen, sein Wort in der Heiligen Schrift betrachten oder auf die Beiträge der Glaubensgeschwister hinhören. Er führt durch inneres Empfinden und durch sachorientierte Beiträge, durch den Glauben der Kirche und durch die Zeichen der Zeit.

Kleingruppen – zweite (und dritte) Runde:
Nach einer etwas längeren Unterbrechung von vielleicht einer oder zwei Minuten startet eine zweite Runde (1/3 der Zeit). Nun haben alle wieder etwa gleich viel Zeit, um etwas zu ergänzen, auf andere Beiträge zu reagieren, Gedanken weiter zu führen. Jede*r kann ein oder mehrmals sprechen – niemand muss. Es ist aber darauf zu achten, dass alle zu Wort kommen können. Ziel ist es, zu einem ersten „wir“ zu kommen. Oft stellt sich in dieser zweiten Runde bereits eine stärker gemeinsame Richtung ein. Auch die zweite Runde soll keine Diskussion und kein Gespräch ausschließlich zwischen zwei Teilnehmenden sein. Die Atmosphäre ähnelt der ersten Phase.

In der dritten Runde wendet sich die Kleingruppe konkret der Fragestellung zu. Dieser Schritt ist durch einen Impuls auf dem Impulsblatt und durch den vorherigen Austausch vorbereitet. Jetzt geht es darum, gemeinsam/gemeinsinnig nach der besten Lösung zu suchen – in religiöser Sprache: nach dem Willen Gottes. Diese Phase ist von Argumentation und Kreativität geprägt. Die Atmosphäre soll dennoch ruhig und achtsam bleiben. Kurze Unterbrechungen nach jedem Beitrag helfen dabei. Diese dritte Phase kann auch bereits in die Gesamtgruppe verlegt werden.  

Plenum:
Die Gesamtgruppe kommt zusammen. Es beginnt mit einer ersten Runde, in der alle knapp – eine Minute – etwas dazu sagen können, wie sie die bisherige Beratung erlebt haben, welche Dynamik sie beobachtet haben, was ihnen besonders wichtig geworden ist. Dann schließt sich eine weitere Runde an, die der dritten Runde der Kleingruppe entspricht. Spätestens jetzt werden die Beiträge – zum Beispiel auf Metaplan-Karten oder an einer Flipchart – dokumentiert. Je nach Situation und Fragestellung kann diese Phase eine oder auch eineinhalb Stunden in Anspruch nehmen. Ist nach der festgesetzten Zeit kein gemeinsinniges Ergebnis in Sicht, hat es sich bewährt, ein Zwischenergebnis festzuhalten und zu einem späteren Zeitpunkt von dort aus noch einmal neu ins Gespräch im Geist einzusteigen.

Wenn sich aber eine gemeinsame Linie abzeichnet, fasst eine Person –  zum Beispiel der*die Vorsitzende*r oder für die Fragestellung Verantwortliche – den Stand der Erarbeitung, gegebenenfalls die Entscheidung zusammen und legt sie dem Gremium vor. Es folgt eine kurze persönliche Zeit (drei bis fünf Minuten) in Stille. Fragen: „Gibt das soeben Vorgestellte den Stand der Diskussion bzw. den Lösungsvorschlag richtig wieder? Bin ich mit dem, was wir erarbeitet haben „in Frieden“ und kann es mittragen, auch wenn es vielleicht nicht genau meine Idee war?“

Der Abschluss findet als „Blitzlicht“ statt, in der jede*r knapp zu den vorigen Fragen Stellung nimmt. Dabei spricht jede*r Teilnehmende maximal eine Minute und strikt in der Reihenfolge der Sitze. Bei Zustimmung gilt die vorgeschlagene Formulierung als gemeinsames, alle verpflichtendes Ergebnis.

Falls es in der Blitzlichtrunde wesentliche Abweichung oder massive Bedenken gibt, ist das Ergebnis nicht endgültig. Nun muss gemeinsam überlegt werden, wie in einem weiteren Treffen vorgegangen werden soll. Solche wesentlichen Abweichungen transportieren oft eine Weisheit, die im bisherigen Verlauf zu wenig zu Wort kam, die zu berücksichtigen aber viel Sinn macht, wenn es darum geht, die beste Lösung zu finden.

Hinweise
Voraussetzung und Ziel:
Gespräch im Geist ist eine Vorgehensweise, die die geteilte Bereitschaft zur Indifferenz – maximales Engagement für das gemeinsame Ziel, bei maximaler Freiheit in der Wahl der Mittel – zugleich voraussetzt und anstrebt. Dort, wo Loyalitäten, Bindungen, persönliche Vorteile der Freiheit in der Wahl der Mittel entgegen stehen könnten, ist es notwendig diese Bedingungen offen zu legen. Sind die Interessenkonflikte zu groß, kann es sinnvoll sein, nicht an der Entscheidungsfindung mitzuwirken.

Ziel der Vorgehensweise ist die gemeinsam geteilte Verantwortung (Commitment) und die Mündigkeit aller Beteiligten, wie auch des Gremiums als Ganzen. 

Partizipation:
Gespräch im Geist ist primär eine Vorgehensweise der Entscheidungsfindung (decision making). Die Entscheidungsfeststellung (decision taking) ist Teil des Gesamtverfahrens, folgt aber anderen Gesetzmäßigkeiten. Sie kann autoritativ, durch Abstimmung, Los, Konsens/Consentieren, Akklamation … erfolgen. Die Methode der Entscheidungsfeststellung ist vorab festzulegen.

Ebenfalls vorab festzulegen ist das Level der Partizipation der jeweiligen Beratung: Geht es um kreatives Entwickeln von Vorschlägen, um Anpassung und dann Zustimmung zu einem an anderer Stelle erarbeiteten Entwurf, um Beratung verschiedener Alternativen mit dem Ziel eine Alternative zu priorisieren, um Entscheidung…? Wem kommen welche Kompetenzen zu?

Begleitung:
Ein Gremium, das mit der Methode des Gesprächs im Geist synodal Entscheidungen erarbeiten will, braucht neben der Leitung eine Person, die ausschließlich auf den Prozess achtet. Idealerweise ist sie bei großen Prozessen mit erheblicher Reichweite in der Unterscheidung in Gemeinschaft und für synodale Facilitation geschult. In vielen Fällen genügt es jedoch, dass der*die Prozessverantwortliche aus dem Gremium selbst benannt wird. Er*sie ist dann für diesen Schritt Anwält*in der Regeln, des ergebnisoffenen Verlaufs und der Gemeinsinnigkeit des Ergebnisses. Im Verlauf der Beratung darf der*die Prozessverantwortliche sich nicht inhaltlich einbringen (Allparteilichkeit).

Hierarchie:
Für die Entscheidungsfindung suspendiert die Methode des Gesprächs im Geist alle hierarchischen Unterschiede. Alle – auch die Verantwortungsträger*innen – bringen sich persönlich und mit ihrer ganzen Kompetenz ein, jedoch ohne die anderen Teilnehmenden zu dominieren. Jeder Beitrag ist gleichwertig, egal von wem er eingebracht wird. Aber niemand soll mit seinen Kenntnissen und Fähigkeiten „hinter dem Berg halten“. Auf der Suche nach der besten Lösung werden alle mit ihren jeweils besten Möglichkeiten gebraucht.

Gespräch im Geist kann ohne die aktive Beteiligung der jeweils Verantwortlichen nicht sinnvoll durchgeführt werden. Es setzt bei den Verantwortlichen die Bereitschaft voraus, sich gleich wie alle anderen in den Prozess der Entscheidungsfindung einzubringen und für die Entscheidungsfeststellung  Leitung in einer Weise auszuüben, die in sich nochmals von der Unterscheidung der Geister geprägt ist („Discerning Leadership“). Synodalität und Discerning Leadership bedingen sich gegenseitig.

Gespräch im Geist setzt eine geistlich-synodale Bekehrung der ganzen Kirche, des konkreten Gremiums, der jeweiligen Verantwortungsträger*innen und der geistlichen Hierarchie voraus, strebt sie zugleich an und organisiert sie durch einen regelbasierten Ablauf.

Konflikte:
Gespräch im Geist nivelliert Unterschiede und Gegensätze nicht. Es moderiert keine Konflikte weg. Es lässt Macht nicht verschwinden. Vielmehr fördert es in diverstitätsfreundlicher Haltung die Profilierung aller Beiträge und Beitragenden. Gespräch im Geist holt Konflikte „auf den Tisch des Hauses“ und führt sie transparenter und gerechter Bearbeitung zu. Es macht Macht sichtbar, setzt sie der gemeinschaftlichen Aushandlung aus und wehrt so den Versuchungen des Machtmissbrauchs.

Unterscheidung der Geister:
Auf dem Weg von der Vielfalt der Meinungen und Beiträge zu einer gemeinsinnigen Entscheidung nutzen synodal arbeitende Gremien die Regeln und Kriterien der Unterscheidung der Geister.

Die Vorgehensweise des Gesprächs im Geist ist nicht unfehlbar und produziert auch keine unfehlbaren Ergebnisse. Sie ist in allen Teilen jederzeit kritisch anfragbar. Wegen der mitlaufenden Manipulationsgefahr ist eine stetige, offen kritische Selbstkontrolle – und gegebenenfalls das Einholen von Fremdwahrnehmung – unabdingbar. Auch synodale Prozesse, das Hören auf den Geist Gottes und das gemeinschaftliche Fragen nach dem Willen Gottes können irren und scheitern.

Roadmap:
Für komplexe Themen und Entscheidungen mit großer Tragweite können mehrere Durchläufe in einer „Roadmap“ aneinander gereiht werden. Für jede Etappe muss allen Teilnehmenden klar sein, welches Teilthema jetzt besprochen wird und wie ein mögliches Ergebnis sich in den Gesamtprozess einfügt. Gegebenenfalls folgt die finale Entscheidungsfeststellung erst nach Abschluss aller Treffen.

Ergebnis:
Gespräch im Geist führt zu einem sehr hohen Commitment. Es wird insgesamt nicht mehr Zeit als in anderen Verfahren benötigt, um zu tragfähigen und von allen akzeptierten Lösung zu kommen. Das hohe Commitment bindet auch die Verantwortungsträger*innen. Eine Entscheidungsfeststellung, die dem gemeinsinnigen Ergebnis komplett zuwider laufen würde, ist schwer vorstellbar und kaum argumentativ zu begründen. „Eine Richtung, die sich im Rahmen eines Beratungsprozesses aufgrund einer angemessenen Unterscheidung herausbildet, darf, insbesondere wenn dies durch partizipative Gremien geschieht, nicht ignoriert werden.“ (Abschlussbericht der Weltsynode, 92)

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