Ostern erleben wir in diesem Jahr unter ganz anderen Bedingungen. Der Osterjubel bleibt angesichts des vielfältigen Leides in der Kehle stecken. All die ausdeutenden Bräuche finden nicht statt. Wie wird dann Ostern spürbar? Ein Flashmob hat Spuren auf Gehwegen hinterlassen.

Frohe Ostern 2020

Text: Martina Patenge – Photo: Johannes Kempin

Enttäuscht schrieb eine meiner Schwestern, durchaus sehr regelmäßige Kirchgängerin, am Ostersonntag: „Ich habe dieses Jahr überhaupt keine Ostergefühle“.

Und – ganz ehrlich – mir ging es zunächst auch so. Ich fühlte mich seltsam verlassen. Seit vielen Jahren erlebe ich Karwoche und Ostern als Exerzitienleiterin mit den Gästen zusammen, mit besonderen Gottesdiensten, viel Zeit fürs persönliche Gebet und in großer Innerlichkeit. Das verhinderte jetzt die Corona-Krise. Der Versuch, diese einsame Osternacht per streaming-Gottesdienst zu erleben, ging für mich gründlich schief. Statt froh zu sein blieb ich nach der Osternacht leider unendlich traurig zurück.

Aber warum?

Ein Grund kann sein, dass – und das kennt bestimmt jede*r –  kalendarische Daten nicht immer mit der seelischen Verfasstheit zusammenzubringen sind. Wenn das Herz  schwer vor Kummer ist, dringen auch österliche Halleluja-Lieder möglicherweise nicht hindurch. Noch nicht.

Aber ich bin überzeugt, da gibt es noch einen anderen, sehr gewichtigen und wirklich nachdenkenswerten Grund, und der betrifft die Ostergefühle: „Ostergefühle“ werden oft eher mit Familientraditionen verbunden, manchmal vielleicht auch verwechselt  mit bestimmten Ritualen, zu denen bei Kirchgängern natürlich auch vertraute Texte, Lieder  und Musik gehören.  Diese entfalten normalerweise ihre starke Wirkung, gehen direkt unter die Haut, Das ist wundervoll und ein Zeichen dafür, wie weise sie entwickelt worden sind. Und wie sehr Herz und Verstand auf Zeichen angewiesen sind. Zu den Ostergefühlen gehören für viele auch Familie, Freunde, das Miteinander an den Ostertagen.

Jedoch – was geschieht, wenn das alles wie in diesem Jahr auf Sparflamme heruntergebremst worden ist durch einen lebensgefährlichen Virus? Wenn nichts von dem, was sonst zur Osternacht gehört, körperlich erlebbar ist, weder Feuer noch Exsultet, auch nicht die dunkle Kirche, die allmählich durch das Kerzenlicht heller wird, weder die Gemeinschaft der Gottesdienstbesucher noch gemeinsam gesungene Psalmen und  Lieder mitsamt ihren spürbaren Schwingungen, weder die Osterkommunion noch das vielstimmige, schwingende, klingende Halleluja samt rauschendem Glockenläuten?

Dann stehen wir auf einmal vor der Frage: Was genau eigentlich bedeutet Ostern? Was bedeutet  „Der Herr ist auferstanden“ ? Und wie ereignet es sich – für mich? In mir?

Völlig überraschend und stark wie nie habe ich das am Ostermorgen erlebt:  Betrübt verließ ich das Haus für meine Runden im Park. Es war noch ganz still. Fast niemand unterwegs. Meine Stimmung im Keller. Und da: Schräg gegenüber meiner Haustür stand, mit Kreide riesengroß auf den Asphalt gemalt: „Der HERR ist auferstanden!“  Flankiert von zwei Herzen.

Das hat mich überwältigt……..

Und so ist Ostern: wo ich es nicht erwarte, vor lauter Betrübtheit gar nicht richtig hingucke, vielleicht sogar eher verschlossen bin, da begegnet mir der Auferstandene.  Mitten hinein in meine Verstörtheit, in das Vermissen, in die Ratlosigkeit, in die großen Fragen und Ängste auch dieser völlig neuartigen weltumspannenden Krise…ER lebt!

Ostern bedeutet: Gott handelt.  An uns und für uns. Zu unsrem Heil. Unaufhaltsam. Damit wir österlich leben können für uns und für andere. Mitten in dem, was uns gerade beschäftigt, erfreut, plagt oder ängstigt.

Der HERR ist auferstanden!

Halleluja!

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