Ist es Zufall, ist es Intuition, ist es Gnade? „Gott in allen Dingen suchen und finden“, dieses Grundwort ignatianischer Spiritualität öffnet den Raum für geistliche Erfahrung mitten im technisierten Alltag. Daraus entstehen neue Worte und ungewohnte Bildwelten für Gottes Gegenwart.
Manchmal geschieht etwas Unerklärliches
Text: Hilde Domgörgen – Photo: geralt/pixabay.com
Es gibt wohl unter Softwareentwicklern niemanden, der nicht wissend lachen muss, wenn Murphy’s Law zitiert wird. Laut Wikipedia „nahm der Ingenieur Captain Edward A. Murphy 1949 am Raketenschlittenprogramm der US Air Force auf einem kalifornischen Testgelände teil. Bei dem Test sollte herausgefunden werden, welche Beschleunigungen der menschliche Körper aushalten kann. Anlässlich eines kostspieligen Experimentes wurden am Körper der Testperson sechzehn Messsensoren befestigt. Die Sensoren konnten auf zwei Arten befestigt werden: In der richtigen Position und in einer 90°-Abweichung von dieser. Das Experiment schlug fehl, weil jemand sämtliche Sensoren falsch angeschlossen hatte. Diese Erfahrung veranlasste Murphy, sein Gesetz zu formulieren.“ Es lautet:
Alles, was schiefgehen kann, wird schiefgehen.
Inzwischen sind viele Varianten dieses Gesetzes im Umlauf, z.B. die, dass das Marmeladenbrot, das einem aus der Hand rutscht, garantiert mit der Marmelade nach unten auf den Boden fallen wird.
Eine meiner maßgeblichen Aufgaben als Softwareentwicklerin ist es, das, was schiefgegangen ist, wieder in Ordnung zu bringen. Und so bin ich damit befasst, Programmfehler, die erst nach der produktiven Inbetriebnahme eines Computerprogramms aufgetreten sind, zu finden und zu beheben. Es handelt sich dabei oft um Probleme, die nur durch die Tücke wahrer Produktivdaten kombiniert mit der Experimentierfreude der Endanwender zutage treten konnten. Im günstigsten, für mich optimalen Fall, fühle ich mich bei meiner Arbeit wie Miss Marple. Es macht außerordentlich viel Spaß, den Fehlern Fallen zu stellen, um ihnen schließlich auf die Spur zu kommen. Dann stellt sich das Gefühl eines kleinen Triumphs ein (besonders natürlich, wenn man den Fehler nicht selbst verursacht hat).
Nun allerdings muss eine Lösung gefunden werden. Häufig gibt es naheliegende Lösungen wie z.B. bei Murphys Experiment. Manchmal jedoch muss man schon den ein oder anderen geistigen Klimmzug machen, um eine Programmkorrektur zu entwickeln, mit der sich ein Fehler reparieren lässt. Dann kann es passieren, dass man bei der Suche nach der Problemlösung ein Tal der Tränen durchschreiten muss. Es hilft ja alles nichts. Das Programm muss zum Schluss laufen. Eventuell muss man sich neues Wissen erarbeiten, um in die Nähe einer Lösung zu gelangen. Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen sind meistens sehr hilfreich. Und ja, wenn man sich dann so richtig festgebissen hat…, dann ist die Lösung unter Umständen immer noch nicht sichtbar.
In dieser Phase ist es interessanter Weise hilfreich, ja sogar notwendig, Abstand zu gewinnen. Ein Spaziergang hilft. Manchmal haben schon Kolleginnen oder Kollegen zu mir gesagt: „Da musst Du wohl mal drüber schlafen“. Im Anschluss an eine solche Phase des Abstand ist es nicht selten der Fall, dass eine Lösung wie durch Zauberhand offensichtlich da ist. Es kommt mir manchmal so vor, als wäre da etwas in mir verborgen gewesen, aber als hätte es ein „Etwas“ gebraucht, das ich nicht genauer benennen kann, damit sie zutage treten kann. Es ist so wie ein Segen oder eine Gnade in jedem Fall ein Geschenk, von dem ich nicht das Gefühl habe, es selbst mit meinem Willen hervorgebracht zu haben.
Man mag es so oder so interpretieren, aber ich würde sagen, so ist es, wenn Gott ins Geschehen eingreift. Es braucht Besinnung oder, in religiöser Fachsprache ausgedrückt, Gebet. Um ein Problem zu lösen ist es überaus wichtig, sich intensiv mit allen Aspekten des Problems auseinanderzusetzen. Aber Inspiration, oder anders gesprochen der Geist Gottes, lässt sich nicht erzwingen. Ganz im Gegenteil verlangt sie ein Loslassen. Das ist vielleicht, was man wirklich lernen muss: Im rechten Moment loszulassen, absichtslos da zu sein und darauf zu vertrauen, dass Gott einem gut ist. Ja und manchmal ist ganz unerklärlich, was dann geschieht….