Jesus lehrte die Jünger das Vaterunser. Sie werden noch viele weitere Gebete bei Jesus gesehen haben. Sicher betete er mit den Psalmen. Beten wir heute Psalmen, schauen wir damit Jesus quasi über die Schulter und stimmen in sein Beten ein.

 

Wie Jesus uns gelehrt hat

Text: Martina Patenge – Photo: 3Dman_eu/pixabay.com

Gesungen, gesprochen, gemalt, vertont und getanzt….die Psalmen sind ein unerschöpflicher Fundus. Seit jeher mochte ich sie. Ganz früh schon erlebte ich die gesungene Vesper benediktinischer Mönche, wenn die Eltern diese uns von Kindheit an vertraute Abtei besuchten. Faszinierend und geheimnisvoll der Wechsel von stehen und sitzen und verbeugen, vorsingen und antworten. Diese Klänge, die sich wiederholenden Melodien, diese ungewöhnlichen Tonarten: Klanglinien, die Muster in den Himmel zeichnen und direkt in meinem Herzen landeten. Gänsehautfeeling, bis heute.

Später erst verstand ich die Sprache der Psalmen: die starken Bilder, energiegeladen, hoffnungsfroh, vertrauensvoll, wütend, aber auch schmeichelnd und werbend. So richtig ungefiltert aus dem Herzen in den Mund. Auf der einen Seite Verhandlungen mit Gott, Bestechungsversuche, Hilferufe, Unterwerfungsgesten, „erschlage meine Feinde“ und „warum hast du mich verlassen?“,– auf der anderen Seite „ich liebe Dich, o mein Gott“, Jubellieder, Freudenworte, Trost, „du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt“ und ein hundertfaches Danke-Danke-Danke. Lebenshilfe, hoch aktuell, für alle Gefühlslagen:  „Ich atme die alten Heilworte in meine Tagängste“ formuliert es Wilhelm Bruners in dem Gebet-Gedicht „Psalmbrücke“.

Gesungen, gesprochen, gemalt, vertont und getanzt…die Psalmen: von vielen Menschen aller Hautfarben und Sprachen, jeden Tag, auf der ganzen Erde. Betend werde ich Teil eines großen „Wir“, über Kontinente hinweg verbinden uns diese Worte. Sie wurden mir, auch in schwierigen Lebenszeiten, zum tragenden Grund.

Und dann – mitten im Sprechen der alten Psalmworte an einem ganz alltäglichen Abend trifft es mich wie ein Schlag: Dieselben Worte hat Jesus gebetet! Täglich! Als frommer Jude begann er seinen Tag mit dem Sch’ma Israel: „Höre, Israel, unser Gott ist einzig“. Auch er sprach, murmelte, sang, wiederholte die alten Heilsworte der Psalmen. Täglich. Vielleicht hat auch er über manches Wort gegrübelt? Sich manchmal gefragt: Was spreche ich da eigentlich? Und andere Male dankbar sich diese Hoffnungsworte umgelegt wie einen wärmenden Mantel. Und wieder andere Male froh eingestimmt in Jubel und Dank.

Ja, natürlich: Als frommer Jude war ihm das alles vertraut, hat er all das täglich gebetet. Als frommer Jude kannte er noch mehr, was auch wir Christen kennen: die Erzählungen über die Erschaffung der Welt und die Geschichte des Volkes Israel, die Verheißungen der Propheten, die Weisheitsbücher. Das alles und noch mehr teilen wir mit ihm.

Natürlich weiß ich das schon lange. Aber jetzt, jetzt auf einmal spüre ich es: Auf einmal spüre ich, dass ich diese Worte mit Jesus zusammen spreche. Sie beginnen, anders zu klingen. Auf einmal fühle ich sie innerlich. Immer wieder höre ich hinein – und spüre: Du! An meiner Seite! In meinen Worten! Ich in Deinen Worten! Mit Dir und untereinander verbunden.

Gottes Wort hat Kraft!

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